„Ein San Gimignano der Bildungslandschaft“. Nachruf auf Prof. Dr. Wolfgang Pehnt
Das Kunstgeschichtliche Institut der Ruhr-Universität Bochum trauert um seinen langjährigen Lehrenden Prof. Dr. Wolfgang Pehnt, der am 15. Oktober 2023 im Alter von 92 Jahren verstarb. Wolfgang Pehnt lehrte von 1995 bis 2009 im Rahmen einer außerplanmäßigen Professur Architekturgeschichte an der RUB. Er profitierte dabei von seiner immensen publizistischen Erfahrung, die ihn zum Chronisten der Architektur des 20. Jahrhunderts machte. Pehnt, der zuvor nicht nur als Lektor im Verlag, sondern auch als Rundfunkredakteur gearbeitet hatte, war früh auf das gestoßen, was „die andere Moderne“ genannt wird – eine Bezeichnung, die nicht zuletzt auf ihn zurückgeht: Ihn interessierte weniger der Internationale Stil, als vielmehr solche Wege, die jenseits davon eröffnet wurden. An erster Stelle ist hier sein Buch „Die Architektur des Expressionismus“ zu nennen, welches in dreifacher Auflage und auf Englisch sowie Spanisch erschien. In dieses Interesse gehört auch die Aufarbeitung des Werkes von Rudolf Schwarz, dem er 1997 eine Ausstellung im Architektur-Zentrum Wien widmete, sowie seine Untersuchungen zu Hans Poelzig, dessen Werk er – gemeinsam mit Matthias Schirren – ebenfalls durch eine Ausstellung samt Begleitbuch würdigte. Doch auch die zeitgenössische Architekturproduktion war stets sein Thema: die 1960er wie 70er Jahre genauso wie Hans Hollein, Gottfried und Paul Böhm oder Egon Eiermann. Seine Reflektion der Architektur des 20. Jahrhunderts war dabei von Skepsis gegenüber einer Moderne gekennzeichnet, die den „menschlichen Maßstab“ zwar gerne im Mund führte, in der Praxis aber oft genug bereit war, ihn aufzugeben. Pehnt war daher mit seinen zahlreichen Artikeln in Zeitschriften ein wichtiger Kritiker der bundesrepublikanischen Architektur. Die enorme Produktivität zeigte sich auch in seinem letzten Buch, das er im Alter von 90 Jahren der Stadt, ihren Mythen und Zitaten widmete. In der 2015 am Kunstgeschichtlichen Institut der Ruhr-Universität zu ihrer eigenen Architektur entstandenen Anthologie sprach er bezüglich der ins Lottental gerichteten Fakultätstürme von einem „San Gimignano der Bildungslandschaft“. Die hier durchscheinende, leise Ironie kennzeichnet den eleganten Stil des Autors Wolfgang Pehnt, dem das Kunstgeschichtliche Institut ein ehrendes Andenken bewahren wird.
Prof. Dr. Cornelia Jöchner, Kunstgeschichtliches Institut der Ruhr-Universität Bochum