Die Moderne im Zoo

Eine Ausstellung am Franz Marc Museum in Kochel am See (29. Juli – 9. November 2025)
Kuriert von K. Lee Chichester und Jessica Keilholz-Busch
Katalog erschienen im Hirmer Verlag, München 2025, 208 Seiten, 235 Abbildungen

Wie kaum ein anderer Ort spiegelte der Zoo um 1900 die Ambivalenzen der Moderne. Künstler*innen wie August Macke, Franz Marc oder Renée Sintenis suchten im Tierpark nach neuen künstlerischen Impulsen fern akademischer Traditionen und nah an einer vermeintlich ursprünglichen Natur. Zoologische Gärten waren nicht nur touristische Attraktionen, sondern auch zentrale Orte städtischen Lebens. Hier verschwammen die Grenzen zwischen Natur und Kultur, Wildnis und Zivilisation, was die Kunstschaffenden der Moderne auf besondere Weise anzog. Bewegte Tierkörper, exotische Inszenierungen und das emotionale Erleben des tierlichen Gegenübers wurden zum Reflex menschlicher Sehnsüchte und gaben Anstoß zu Fragen an das eigene Dasein.

Die Evolutionstheorie Charles Darwins hatte um 1900 die klare Trennung zwischen Mensch und Tier erschüttert – mit weitreichenden Folgen für die Kunst. Erkenntnisse über die Emotionsfähigkeit und Intelligenz von Tieren sensibilisierten Künstler*innen für das Tier als fühlendes Gegenüber, dessen Perspektive sie ernst nahmen.

Gleichzeitig war der Darstellung des »Fremden« auch ein koloniales Weltbild eingeschrieben: Der Zoo etablierte sich nicht nur als Ort der Tierbeobachtung, sondern ebenso als Bühne imperialer Macht, auf der »exotische« Tiere – und oft auch Menschen – inszeniert und vereinnahmt wurden.

Die Ausstellung wie auch der begleitende Katalog laden dazu ein, den Zoo als ästhetischen, gesellschaftlichen und politischen Resonanzraum der Moderne zu entdecken, als Bühne des »Anderen« und als Ort künstlerischer Verwandlung. Dabei hinterfragen sie dessen Geschichte kritisch und eröffnet neue Perspektiven auf das Tierbild der Moderne.

Künstler*innen der Ausstellung:
Ottomar Anschütz, Wera von Bartels, Heinrich Campendonk, Otto Dill, Erich Fraaß, August Gaul, Max Geyger, Ernst Haeckel, Josef Hegenbarth, Paul Klee, Paul Klimsch, Max Klinger, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin, Max Liebermann, August Macke, Franz Marc, Gabriel von Max, Adolph Menzel, Paul Meyerheim, Emil Nolde, Etha Richter, Renée Sintenis, Friedrich Seidenstücker, Max Slevogt u. v. m.

Kuratorinnen:
Dr. K. Lee Chichester (Ruhr-Universität Bochum) und Jessica Keilholz-Busch (Franz Marc Museum)

Katalogautor*innen:
Jessica Keilholz-Busch, K. Lee Chichester, Ursula Harter, Simon Kleinert, Christina Katharina May, Georg Toepfer, Christina Wessely und Markus Wild