Christine Beese (Autor/in)
Das unter Albrecht von Haller ab 1736 errichtete anatomische Institut in Göttingen begründet durch die Verbindung von öffentlichen Lehr- und praktischen Forschungsräumen in einem eigenständigen Gebäude einen neuen Bautyp. Der vorliegende Beitrag widmet sich der Frage, inwieweit die Entwicklung dieses Bautyps mit den Umständen und Bedürfnissen der neu gegründeten Universität Göttingen zusammenhängt. Indem der Aushandlungsprozess zwischen den Bauherren, Behörden, Architekten und Anatomen an bisher unberücksichtigten Quellen nachvollzogen wird, kann gezeigt werden, dass das anatomische Institut keine zwingend aus der Bauaufgabe hervorgegangene Lösung ist, die einer inneren Notwendigkeit folgt. Vielmehr macht die kontingente Baugeschichte deutlich, dass weniger die funktionale Zweckdienlichkeit der Räume, als vielmehr die stadträumlichen, finanziellen und wissenschaftspolitischen Erwägungen der Akteure die Gestalt des anatomischen Instituts bestimmte. Es ist dem Ansehen und Einfluss Albrecht von Hallers geschuldet, dass der Bautyp trotz funktionaler Einschränkungen zum Vorbild weiterer anatomischer Institute wurde.