Datum: 28. Juni 2018
Ort: Bibliotheksraum, SKII, Bochum
Die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zahlreich hergestellten Industriefotografien besitzen keinen institutionellen Ort, sondern befinden sich in Firmenarchiven, Nachlässen, Industrie- und Technikmuseen oder reproduziert in historischen Publikationen. Sie sind Speicher von Material- und Produktionswissen und wurden genutzt, um in werkseigenen Schriften oder illustrierten Magazinen die soziale und industrielle Organisation innerhalb der Fabriken anschaulich und die industriellen Produktionsprozesse öffentlich sichtbar zu machen. Doch eine „Photographie der Kruppwerke oder der A.E.G.“, so gab Walter Benjamin, Brecht zitierend, 1931 zu bedenken, „ergibt beinahe nichts über diese Institute. Die eigentliche Realität ist in die Funktionale gerutscht. Die Verdinglichung der menschlichen Beziehungen, also etwa die Fabrik, gibt die letzteren nicht mehr heraus. Es ist also tatsächlich etwas aufzubauen, etwas Künstliches, Gestelltes.“ Der Workshop, dessen Beiträge in den kritischen berichten veröffentlicht werden, widmet sich den in unterschiedlichen Kontexten produzierten und publizierten Fotografien, die von unbekannten Fotografen und Fotografinnen der Avantgarde angefertigt wurden, unentdeckt in Archiven überdauern, im Museum als Inbegriff moderner Fotografie präsentiert werden und in der Kunstgeschichte erst Beachtung fanden, als die Fabriken, in denen sie entstanden, bereits stillgelegt waren. Was wurde darin „Künstliches, Gestelltes“ aufgebaut? Wie ist angesichts von Rationalisierung und Maschinisierung der Produktion das Verhältnis von Hand- und Maschinenarbeit gestaltet? Und wie wurde im Medium Fotografie, dessen Bildträger längst industriell produziert wurden, industrielle Produktion thematisiert?
Prof. Dr. Änne Söll
Prof. Dr. Eva Ehninger, HU Berlin
Dr. Kathrin Rottmann