Das Projekt fragt in zwei Fallstudien danach, wie ein ‚gnaden- und wunderreicher Ort‘ in seiner architektonischen Ausgestaltung medial lanciert wurde. Auf welche Weise wurden in liturgisch wie baulich komplexen Konstellationen architektonische Konzepte entwickelt, die kultisch praktikabel und zugleich als aussagekräftige Inszenierung wirksam waren? Inwiefern waren sie innovativ für die Gattung Wallfahrtskirche? Wodurch setzten sie auch darüber hinaus neue Standards in der Sakralarchitektur ihrer Zeit? Prägend war in beiden Fällen ein weitreichender Umbau, der eine bereits bestehende Wallfahrt jeweils neu ordnete und inszenierte: im Fall von Polling die ‚renovatio‘ einer spätgotischen Hallenkirche, die in der hinzugesetzten Ostanlage alle kultisch-liturgischen Funktionen neu bestimmte; im Fall des Schönenbergs das wörtliche Um-Bauen einer seit Jahrzehnten bestehenden Gnadenkapelle mit der ersten Kirche des Vorarlberger Münsterschemas. Diese Varianten des architektonischen „Umhüllens“ liegen im Zweck der Wallfahrt begründet und sollen als spezifische Präsentationsformen frühneuzeitlicher Gnadenorte und vor dem Hintergrund des frühneuzeitlichen Sakralbaus neu bewertet werden. In enger Verzahnung der Teilprojekte werden unter dem Begriff des ‚Erfahrungsraums‘ sowohl das kultische Handeln als Individuum, Gruppe oder Amtsträger als auch die Wahrnehmung der aufwendigen visuellen wie akustischen Angebote zusammengefasst und hinsichtlich ihrer jeweiligen architektonischen Fassung analysiert. Auf der Basis ergiebiger, aber kunsthistorisch kaum ausgewerteter Quellen wird untersucht, wie die Heilserwartung in Kult, Architektur und Bildmedien konzeptualisiert wurde. Ziel sind zwei Monographien, die über die Fallstudien hinaus eine Vielzahl verwandter Sakralbauten neu in den Blick nehmen.

Prof. Dr. Cornelia Jöchner, PD Dr. Ulrich Fürst
Mitverantwortlich: Dr. Yvonne Northemann