Das Projekt fokussiert die von der Forschung weitgehend übersehene Gattung der öffentlichen Verwaltungsarchitektur. Derartige Bauten organisierten die immaterielle Arbeit der seit den 1910er Jahren stark rationalisierten Verwaltung in Bezug auf Abläufe und Kontakte zur demokratischen Gesellschaft neu. Die zentrale Frage, wie die moderne Architektur die durch das scientific management neu gedachten Verwaltungsvorgänge sowohl strukturierte als auch symbolisch formte, wurde von der Forschung bisher nicht aufgeworfen. Historisch liegt sie in architektonischen Entwürfen und Bauten der 1920er und 1930er Jahre begründet, die das Projekt als eine bewegungs- oder prozessorientierte Spielart des „Funktionalismus“ aufgreift. Solche Konzepte haben ihre Schnittstelle zur Expertenliteratur in der Verwaltung selbst, die auf die Möglichkeiten der modernen Architektur reagierte und mit deren Hilfe Arbeitsvorgänge neu zu gestalten suchte. Diesbezüglich zeigen sich in der baulichen Praxis, die das Projekt am Beispiel des Ruhrgebiets untersucht, signifikante personelle Netzwerke (epistemic communities). Ein entscheidendes Bindeglied in der Frage des „Funktionalismus“ kann so neu bewertet und durch (inter)nationale Vergleiche eine Lücke zum Verständnis der architektonischen Moderne geschlossen werden.

Prof. Dr. Cornelia Jöchner
Mitverantwortlich: Dr. Yvonne Northemann